Mit diesen Plakaten wurde 2006 Medellín "zugeklebt"
In vielen Ländern der Erde gibt es Menschen einer bestimmten Region, die anders sind, die sich vielleicht auch nur anders fühlen. Mit eigenen Traditionen, Vorstellungen, mit einem veränderten Dialekt.
Und so wie wir Bayern andere Deutsche sind, wie es in Spanien Katalanen und in den USA Texaner gibt, so haben die Kolumbianer auch ihr eigenes seperates Völkchen: Die Paisas. So nennen sich die Einwohner des großen kolumbianischen Bundesstaates Antioquia und seiner Hauptstadt Medellin. Und abgesehen von den geringen Sprachunterschieden sind die Menschen dort wirklich anders, offener, netter, extrovertierter. Es ist fast unmöglich, mehr als fünf Minuten am Stück in der Innenstadt Medellins auf einer der zahlreichen Bänke zu sitzen, ohne dass man angesprochen wird.
Vielleicht liegt die Andersartigkeit ja zumindest teilweise an der Geschichte: Die Urväter der Paisas waren spanische Juden, die vor Jahrhunderten vor der Inquisition flüchten mußten.
Das Land Antioquias mit seiner gebirgigen Struktur eigenete sich nicht so sehr für Großgrundbesitz und Landwirtschaft in großem Stile wie viele andere Teile Kolumbiens, also bot sich der Handel als Alternative an.
Daher möglicherweise die Geschäftstüchtigkeit. In jedem noch so kleinem Ort Kolumbiens, und sei es im Choco, also quasi am Ende der Welt, gibt es noch einen Gemischtwarenladen, der einem Paisa gehört.
Und wie das so häufig bei solch sonderbaren Regionen ist, hat auch Antioquia eine ganze Reihe von außergewöhnlichen Persönlichkeiten hervorgebracht: Diverse Präsidenten, Künstler wie den Maler und Bildhauer Fernando Botero oder eben Pablo. Der bekannteste Kolumbianer der Welt, Pablo Escobar, über lange Jahre der erfolgreichste Verbrecher des Planeten, Chef des riesigen Kokainkartells von Medellin. Ein Mann, der auf dem Höhepunkt seiner Macht anbot, sämtliche Auslandsschulden Kolumbiens auf einem Schlag aus der Privatschatulle zu begleichen, wenn er nur nicht von der Auslieferung in die Vereinigten Staaten bedroht werden würde. Ein Mann, der vielleicht zu offen mit dem Gedanken kokettierte, gerne mal Präsident Kolumbiens werden zu wollen. Da war allerdings selbst die Geduld der überkorrupten kolumbianischen Politikerkaste ausgereizt: Solange er Kokain dealte, unangenehme Politiker, Journalisten und Richter wegbombte, all das war irgendwie noch akzeptabel. Aber ihnen die Macht streitig zu machen, das war selbst für "Schnee-lumbien" zu viel.
Vieles an Pablo ist und war bizarr. So bizarr, dass wenn man solche Geschichten in einem Spielfilm sehen würde, man würde es für absurden Unfug halten. Auf die Welt kam er 1949 in Rionegro bei Medellin, wuchs als Sohn eines Bauern und einer einfachen Lehrerin in den Slums auf.
Angeblich fing alles damit an, dass der jugendliche Pablo Grabsteine raubte und weiter verkaufte. Später hatte er in Medellin einen Gebrauchtwagenhandel von zweifelhaftem Ruf und schmuggelte harte Alkoholika. Und irgendwann eben blanca, das weiße Pulver Kokain. In den 70er Jahren baute er sich sein Drogenimperium auf. Das Forbes Magazin listete ihn als einen der reichsten Männer der Welt auf, er machte bis zu einer Million US-Dollar Gewinn am Tag. In seiner riesigen Finca Nápoles nahe Medellin lies er sich afrikanische rosa Zwergnilpferde einfliegen, am Eingang der Finca steht, einem nationalen Denkmal gleich, das Sportflugzeug, mit dem er die erste Ladung Kokain in die USA schmuggelte. Seinem Heimatverein stiftete er einen Sportplatz, die ärmsten der Armen wurden von ihm alimentiert. Die „gente echables“, also die „Wegwerfmenschen“, die in den Müllkippen der Stadt von den Resten lebten, waren seine besten Freunde. Ihm wurden Kerzen geweiht, in den Kirchen standen neben diesen seine Fotos, er glaubte sich unangreifbar, vor allem auch durch den Schutz des göttlichen Kindes, das er noch mehr als seine Mutter verehrte. Welches Interesse sollte die kolumbianische Öffentlichkeit haben, dass solch ein erfolgreicher Mensch in die gehasste USA ausgeliefert wird?
Als die Guerillabewegung M19 im Jahre 1981 Martha Nieves, eine Schwester der mit ihm befreundeten Ochoabrüder, ebenfalls berüchtigte Drogenbarone des Medellinkartells, entführt wurde, zeigte er erstmals sein anderes Gesicht: Er gründete die MAS, Muerte a los secuestradores („Tod den Entführern“), eine Terrorgruppe, die alle an der Entführung Beteiligten liquidierte.
Um noch mehr Macht auf sich zu vereinen, kandidierte er auf der Liste des Reformers Luis Carlos Galan 1982 für das Parlament. Doch Galan demütigte ihn öffentlich, vor 5000 Zuhörern outet er ihn als Drogenhändler und warf ihn von seiner Liste, damit stellte sich Galan zugleich sein eigenes Todesurteill aus.
Als Nachrücker kam Pablo für eine unbedeutende Splitterpartei dann doch noch ins Parlament, musste aber als nun bekannter Drogenhändler bald zurücktreten.
Als 1984 erstmals ernsthaft an seine Auslieferung in die USA gedacht wurde, lies er den Juistizminister Rodrigo Lara Bonilla ermorden.
Auf dem Höhepunkt der Auslieferungsdebatte entfesselte er einen Krieg gegen den Staat, bot aber gleichzeitig an, so in etwa „Zuckerbrot und Peitsche“, sich zu stellen und den Kampf zu beenden, wenn ihm Schutz vor Auslieferung gewährleistet werden würde. „Lieber ein Grab in Kolumbien als in einer amerikanischen Gefängniszelle verrotten“, das war ein gängiger Spruch von ihm in dieser Zeit.
Vier Kandidaten für die Präsidentenwahlen 1990 lies er ermorden, darunter Carlos Pizarro von der M19, also jener Guerilliagruppierung, die sich gerade als legale politische Gruppe zu etablieren versuchte, und, wie sollte es anders sein, Luis Carlos Galan: Dem halfen auch seine 18 schwer bewaffneten Leibwächter nicht, als er im August 1989 von Maschinengewehrsalven bei einer Wahlveranstaltung in Soacha, im Süden Bogotás, niedergemäht wurde. Der Chef des Inlandsgeheimdienstes DAS, General Maza, überlebte eine 350 Kilo Autobombe und die Sprengung des 19-stöckigen DAS-Hauptquartiers mit 70 Toten und 720 Verletzten. Dem Kandidat Samper galten elf Kugeln, und als er fünf Jahre später tatsächlich Präsident Kolumbiens wurde, sorgten die fünf in seinem Körper verbliebenen Projektile an jeder Sicherheitsschleuse von Flughäfen für Alarm.
Und um auf die verfassungsgebende Versammlung Druck auszuüben, damit ein für alle Mal festgelegt werden würde, dass kein Kolumbianer an einen anderen Staat ausgeliefert werden darf, lies er zehn einflussreiche Persönlichkeiten, vor allem Journalisten, monatelang entführen. Gabriel Garcia Marquez hat diese Ereignisse in seiner brillianten Reportage „Nachrichten einer Entführung“ detailliert aufgearbeitet.
Anfang 1991 dann der Höhepunkt der Gewalt. Im Januar und Februar gab es allein in Medellin 1200 (eintausendzweihundert!) Morde, also im Schnitt 20 am Tag, etwa 2000 Jugendliche gingen auf Polizistenjagd, Pablo hatte ein Kopfgeld auf sie ausgesetzt, die Staatsmacht antwortete mit wahllosen Massakern unter jungen Männern in den Vororten.
Medellin, wahrlich die gefährlichste Stadt der Welt?
Als Pablo sich der Justiz erstmals stellt, diktierte er die Bedingungen: Keine Auslieferung und Haft in seinem Privatgefängnis. Auf den Hügeln über Medellin lies er sich in seiner Heimatgemeinde Envigado, in der Nähe des weit vor den Toren der Stadt gelegenen Flughafens Rionegro, von seinem Geld einen Luxusknast bauen. Er wurde „La catedral“ genannt. Pablo lebte dort mit seiner Entourage und Leibwächtern in Sauß und Braus , offiziell natürlich als Gefangener.
Erst als sich Skandale, Prostituiertenbesuche, Drogenkonsum häuften und schließlich noch ein verfeindeter Drogendealer in die Kathedrale verschleppt und ermordet wurde, beschloss der Staat Pablos Verlegung. Grund genug für ihn zu flüchten.
Szenenwechsel, nationales Polizeimuseum im Zentrum von Bogotá. Es gibt Säle über Säle zur Geschichte der Polizei, Uniformen, Fotos, Glanztaten der kolumbianischen Polizei im Kampf gegen FARC, ELN und 20 weiteren Rebellen- und sonstigen subversiven Gruppen. Aber alle Besucher wollen doch eigentlich nur den Keller sehen: Pablos blutiges Hemd. Klar, es ist noch die gesamte Abhöreinrichtung der CIA zu sehen, mit der Pablo dann auf seiner Flucht geortet wurde. Das war gar nicht so leicht, Pablo war so misstrauisch, dass er glaubte, unter den Zahnkronen von Unterhändlern der Regierung könnte ein Peilsender versteckt sein. Als er einen Tag nach seinem 44.Geburtstag so unvorsichtig war, mit seinem Sohn zu telefonieren, wurde er gestellt und beim Sprung aus einem offenen Fenster erschossen. Wahrscheinlich genau so, wie es auf einem dieser naiven Gemälde Fernando Boteros im Museo de Antioquia zu sehen ist, Pablo durchsiebt von Kugeln des „Bloque de busceda“, der Spezialeinheit, die ihn jagte. Vielleicht aber doch nicht so: Eine Exhumierung seiner Leiche auf dem Friedhof in Itagüi Ende 2006, eine angebliche, uneheliche Tochter erzwang einen DNA-Abgleich, lies Vermutungen aufkommen, Pablo hätte sich selbst das Leben genommen. Wie dem auch sei, in der Glasvitrine liegt also sein noch blutiges Hemd und die blutige Dachziegel, auf die sein Kopf aufschlug im Todesmoment. Wenn man durch die Straßen des Stadtteils El Poblado so schlendert, wo sich das Ende dieser im Endeffekt doch jahrelangen Jagd abspielte, spürt man Ruhe, Gelassenheit, Reichtum, alles so unwirklich und gar nicht mit der Geschichte in Einklang zu bringen.
Da nimmt es also nicht Wunder, dass Medellin über Jahre als gefährlichste Stadt der Welt galt. Ein Menschenleben, oder vielmehr das Ableben eines Menschen kostete etwa 20 Euro. Für diesen Betrag konnte man sich einen Sicario anheuern, also einen Jungen aus den Slums, der mit Mofa und großkalibriger Waffe seinen Auftrag erledigte.
Ich fand es schon verrückt genug, in einem Land wie Kolumbien für mehrere Jahre einen Job anzunehmen. Aber man gewöhnt sich ja an alles, und so kam es, dass wir tatsächlich einen Familienkurzurlaub in Medellin machten.
Aber Medellin ist nicht mehr die Stadt des Pablo Escobar. Es ist inzwischen eine prosperierende und relativ reiche Stadt. Man sieht sehr viele Penner in den Straßen, das schon. Menschen, deren einziger Besitz ein Stück Pappe ist, auf der sie schlafen. Bei der Fahrt in die Stadt, in den Unterführungen der Autobahnen liegen sie auf dem Randstreifen. Im gesamten Zentrum ziehen sie herum. Oft mit einer Tüte voll Boxer in der Hand, jenem Klebstoff voller organischer Lösungsmittel, der die Sinne benebelt und diesen Menschen für einige Augenblicke ein Gefühl von Ruhe und Entspannung in ihrem Leben gibt. Am hellichten Tage stehen die Plätze nahe des bekannten Museo de Antioquia voller Prostituierter. Teilweise sehr verwelkte Frauen mit mehr Falten als Haut, aber von dieser Haut wird fast alles gezeigt. Und eine Kundschaft, die noch viel verwelkter ist.
Ganz Medellin ist gespickt mit diesen riesigen, teils unförmigen, auf jeden Fall einmalig und phantastischen Bronzeplastiken von Fernando Botero. Da gibt es diese fettsüchtige Friedenstaube, man muss kein Biomechaniker sein um zu sehen, dass die nie fliegen könnte. Höchstens "in die Luft fliegen", und genau das ist passiert. Denn Kolumbien heißt immer auch Guerillaaktivität, und die FARC, größte und wichtigste Guerillaorganisation, sprengte am belebten San Antonio Platz die Friedenstaube in die Luft, ein Schild unter den Resten listet die 23 Toten dieses sinnlosen Attentates auf. Botero hat eine Kopie der Taube direkt daneben aufstellen lassen. Und auf den Bronzefetzen sitzen kleine Kinder und tollen vergnügt herum. Nur mit dieser etwas schizophrenen Einstellung können die Kolumbianer ihre Realitäten ertragen und trotzdem eines der fröhlichsten Völker der Erde sein.
Antioquia ist frömmig, aber zutiefst. Da verwundert es auch nicht, dass die Sicarios vor ihren Aufragsmorden ihre Kugeln mit Weihwasser besprengten, um auch wirklich gut zu töten, und die Heilige Jungfrau, die „Virgen de los sicarios“, um Hilfe beim tödlichen Schuss anzubeten. Fernando Vallejo, der große kolumbianische Autor, Provokateur und Filmmacher, der in Mexiko im Exil lebt, hat diese Schizophrenie in seinem Film „Virgen de los sicarios“ dargestellt.
Wir haben das Glück, bei der Familie Vallejos eingeladen zu sein: Diese Familie sind die engagierten Tierschützer von Medellin, die tausende von Straßenkötern sterlisieren haben lassen und so dafür gesorgt haben, dass Medellin vielleicht die einzige lateinamerikanische Großstadt ohne Straßenhunde ist.
Dank dieser Einladung lernen wir nicht nur den touristischen Teil der Stadt kennen. Nach einem gemütlichen Paisa-Menü im Hause Vallejo fahren sie uns kreuz und quer durch die Stadt zu eher ungewöhnlichen Orten. Ein Viertel, das vor 15 Jahren nicht betreten werden konnte, in das sich nicht einmal mehr Polizei oder Militär traute, sieht heute eher wie eine „Zona popular“ aus, also ein Viertel der unteren Mittelschicht, die Menschen sitzen mit den Nachbarn auf der Straße, trinken gemeinsam am Samstag nachmittag, tratschen und hören laute Vallenatomusik, ich hätte keine Bedenken, hier zu Fuß unterwegs zu sein. Insgesamt sieben nagelneue Bibliotheken, moderne Zementkathedralen des Wissens wurden in solchen benachteiligten Vierteln gebaut. Die Kids können sich dort aufhalten, sogar die Internetbenutzung ist umsonst, welch genialere Vorsorge gegen ein Abrutschen Jugendlicher ins Verbrechen könnte man sich denken?
Bei der Fahrt mit der Seilbahn Metrocable über solche Viertel sieht man ärmliche Verhältnisse, aber eben keine Slums. Wild in die Gegend gebaute Häuser, aber mit Wasser- und Stromanschluss und alle Wege asphaltiert.
Und immer wieder Spuren des Kokainkartells: Die Endstation der U-Bahn in Itagüi, nicht nur dort, wo die Deutsche Schule Medellin liegt, sondern auch Pablos Grab und natürlich der Ochoa-Knast: Der alte Patron, Don Ochoa, überredete seine drei Söhne, sich 1990 der Staatsmacht zu stellen, das war deren Lebensversicherung, nirgendwo waren sie so gut geschützt wie im Knast. Denn einmal im Verbrechenszirkel, ist ein Ausstieg ansonsten fast unmöglich. Der Paramilitär Rasguño fasste das 2007 bei seinen Aussagen so zusammen: Nach Pablos Tod wollte ich aussteigen, habe mich an der Karibik niedergelassen, aber das Leben geht halt nur noch mit Leibwächtern. Und das Leben ist nicht nur gefährlich, sondern vor allem teuer: Also weitermachen oder Knast oder gewaltsamer Tod.
Die größte klassische Sehenswürdigkeit Medellins ist aber dann doch die Plaza Botero mit seinen Massen von Skulpturen Boteros, die einfach so auf dem großen Platz herumstehen, mit seinen vielen Bänken und Cafés, mit seinen wild zwischen den Palmen rumfliegenden Papageien und dem Antioquiamuseum. Direkt am Platz dann auch unser Hotel, das Nutibara, ehemals das erste Haus am Platz. Inwischen bröckelt der Putz, doch das Interieur ist immer noch so unglaublich stilvoll. Kronleuchter in der Eingangshalle, Nierensessel aus den 50er Jahren, Aufzug immer mit Liftboy. Aber klar, der alte Aufzug blieb prompt mehrfach stecken.
Das Nutibara werden wir beim nächsten Besuch allerdings nicht mehr brauchen: Die Freundlichkeiten unserer Gastfamilie gipfelt dann noch in die Einladung, bei unserem nächsten Besuch in ihrem neuen Haus zu wohnen. Diese Paisas, was für ein Völkchen.
Copyright: Dieser Artikel wurde, mit Genehmigung des Autors, dem Band „Die Heimat des Nomaden – Reiseerzählungen aus Südamerika“ von Stefan Hebele, Verlag Book-on-demand, Berlin, 2010, entnommen.
Und so wie wir Bayern andere Deutsche sind, wie es in Spanien Katalanen und in den USA Texaner gibt, so haben die Kolumbianer auch ihr eigenes seperates Völkchen: Die Paisas. So nennen sich die Einwohner des großen kolumbianischen Bundesstaates Antioquia und seiner Hauptstadt Medellin. Und abgesehen von den geringen Sprachunterschieden sind die Menschen dort wirklich anders, offener, netter, extrovertierter. Es ist fast unmöglich, mehr als fünf Minuten am Stück in der Innenstadt Medellins auf einer der zahlreichen Bänke zu sitzen, ohne dass man angesprochen wird.
Vielleicht liegt die Andersartigkeit ja zumindest teilweise an der Geschichte: Die Urväter der Paisas waren spanische Juden, die vor Jahrhunderten vor der Inquisition flüchten mußten.
Das Land Antioquias mit seiner gebirgigen Struktur eigenete sich nicht so sehr für Großgrundbesitz und Landwirtschaft in großem Stile wie viele andere Teile Kolumbiens, also bot sich der Handel als Alternative an.
Daher möglicherweise die Geschäftstüchtigkeit. In jedem noch so kleinem Ort Kolumbiens, und sei es im Choco, also quasi am Ende der Welt, gibt es noch einen Gemischtwarenladen, der einem Paisa gehört.
Und wie das so häufig bei solch sonderbaren Regionen ist, hat auch Antioquia eine ganze Reihe von außergewöhnlichen Persönlichkeiten hervorgebracht: Diverse Präsidenten, Künstler wie den Maler und Bildhauer Fernando Botero oder eben Pablo. Der bekannteste Kolumbianer der Welt, Pablo Escobar, über lange Jahre der erfolgreichste Verbrecher des Planeten, Chef des riesigen Kokainkartells von Medellin. Ein Mann, der auf dem Höhepunkt seiner Macht anbot, sämtliche Auslandsschulden Kolumbiens auf einem Schlag aus der Privatschatulle zu begleichen, wenn er nur nicht von der Auslieferung in die Vereinigten Staaten bedroht werden würde. Ein Mann, der vielleicht zu offen mit dem Gedanken kokettierte, gerne mal Präsident Kolumbiens werden zu wollen. Da war allerdings selbst die Geduld der überkorrupten kolumbianischen Politikerkaste ausgereizt: Solange er Kokain dealte, unangenehme Politiker, Journalisten und Richter wegbombte, all das war irgendwie noch akzeptabel. Aber ihnen die Macht streitig zu machen, das war selbst für "Schnee-lumbien" zu viel.
Vieles an Pablo ist und war bizarr. So bizarr, dass wenn man solche Geschichten in einem Spielfilm sehen würde, man würde es für absurden Unfug halten. Auf die Welt kam er 1949 in Rionegro bei Medellin, wuchs als Sohn eines Bauern und einer einfachen Lehrerin in den Slums auf.
Angeblich fing alles damit an, dass der jugendliche Pablo Grabsteine raubte und weiter verkaufte. Später hatte er in Medellin einen Gebrauchtwagenhandel von zweifelhaftem Ruf und schmuggelte harte Alkoholika. Und irgendwann eben blanca, das weiße Pulver Kokain. In den 70er Jahren baute er sich sein Drogenimperium auf. Das Forbes Magazin listete ihn als einen der reichsten Männer der Welt auf, er machte bis zu einer Million US-Dollar Gewinn am Tag. In seiner riesigen Finca Nápoles nahe Medellin lies er sich afrikanische rosa Zwergnilpferde einfliegen, am Eingang der Finca steht, einem nationalen Denkmal gleich, das Sportflugzeug, mit dem er die erste Ladung Kokain in die USA schmuggelte. Seinem Heimatverein stiftete er einen Sportplatz, die ärmsten der Armen wurden von ihm alimentiert. Die „gente echables“, also die „Wegwerfmenschen“, die in den Müllkippen der Stadt von den Resten lebten, waren seine besten Freunde. Ihm wurden Kerzen geweiht, in den Kirchen standen neben diesen seine Fotos, er glaubte sich unangreifbar, vor allem auch durch den Schutz des göttlichen Kindes, das er noch mehr als seine Mutter verehrte. Welches Interesse sollte die kolumbianische Öffentlichkeit haben, dass solch ein erfolgreicher Mensch in die gehasste USA ausgeliefert wird?
Als die Guerillabewegung M19 im Jahre 1981 Martha Nieves, eine Schwester der mit ihm befreundeten Ochoabrüder, ebenfalls berüchtigte Drogenbarone des Medellinkartells, entführt wurde, zeigte er erstmals sein anderes Gesicht: Er gründete die MAS, Muerte a los secuestradores („Tod den Entführern“), eine Terrorgruppe, die alle an der Entführung Beteiligten liquidierte.
Um noch mehr Macht auf sich zu vereinen, kandidierte er auf der Liste des Reformers Luis Carlos Galan 1982 für das Parlament. Doch Galan demütigte ihn öffentlich, vor 5000 Zuhörern outet er ihn als Drogenhändler und warf ihn von seiner Liste, damit stellte sich Galan zugleich sein eigenes Todesurteill aus.
Als Nachrücker kam Pablo für eine unbedeutende Splitterpartei dann doch noch ins Parlament, musste aber als nun bekannter Drogenhändler bald zurücktreten.
Als 1984 erstmals ernsthaft an seine Auslieferung in die USA gedacht wurde, lies er den Juistizminister Rodrigo Lara Bonilla ermorden.
Auf dem Höhepunkt der Auslieferungsdebatte entfesselte er einen Krieg gegen den Staat, bot aber gleichzeitig an, so in etwa „Zuckerbrot und Peitsche“, sich zu stellen und den Kampf zu beenden, wenn ihm Schutz vor Auslieferung gewährleistet werden würde. „Lieber ein Grab in Kolumbien als in einer amerikanischen Gefängniszelle verrotten“, das war ein gängiger Spruch von ihm in dieser Zeit.
Vier Kandidaten für die Präsidentenwahlen 1990 lies er ermorden, darunter Carlos Pizarro von der M19, also jener Guerilliagruppierung, die sich gerade als legale politische Gruppe zu etablieren versuchte, und, wie sollte es anders sein, Luis Carlos Galan: Dem halfen auch seine 18 schwer bewaffneten Leibwächter nicht, als er im August 1989 von Maschinengewehrsalven bei einer Wahlveranstaltung in Soacha, im Süden Bogotás, niedergemäht wurde. Der Chef des Inlandsgeheimdienstes DAS, General Maza, überlebte eine 350 Kilo Autobombe und die Sprengung des 19-stöckigen DAS-Hauptquartiers mit 70 Toten und 720 Verletzten. Dem Kandidat Samper galten elf Kugeln, und als er fünf Jahre später tatsächlich Präsident Kolumbiens wurde, sorgten die fünf in seinem Körper verbliebenen Projektile an jeder Sicherheitsschleuse von Flughäfen für Alarm.
Und um auf die verfassungsgebende Versammlung Druck auszuüben, damit ein für alle Mal festgelegt werden würde, dass kein Kolumbianer an einen anderen Staat ausgeliefert werden darf, lies er zehn einflussreiche Persönlichkeiten, vor allem Journalisten, monatelang entführen. Gabriel Garcia Marquez hat diese Ereignisse in seiner brillianten Reportage „Nachrichten einer Entführung“ detailliert aufgearbeitet.
Anfang 1991 dann der Höhepunkt der Gewalt. Im Januar und Februar gab es allein in Medellin 1200 (eintausendzweihundert!) Morde, also im Schnitt 20 am Tag, etwa 2000 Jugendliche gingen auf Polizistenjagd, Pablo hatte ein Kopfgeld auf sie ausgesetzt, die Staatsmacht antwortete mit wahllosen Massakern unter jungen Männern in den Vororten.
Medellin, wahrlich die gefährlichste Stadt der Welt?
Als Pablo sich der Justiz erstmals stellt, diktierte er die Bedingungen: Keine Auslieferung und Haft in seinem Privatgefängnis. Auf den Hügeln über Medellin lies er sich in seiner Heimatgemeinde Envigado, in der Nähe des weit vor den Toren der Stadt gelegenen Flughafens Rionegro, von seinem Geld einen Luxusknast bauen. Er wurde „La catedral“ genannt. Pablo lebte dort mit seiner Entourage und Leibwächtern in Sauß und Braus , offiziell natürlich als Gefangener.
Erst als sich Skandale, Prostituiertenbesuche, Drogenkonsum häuften und schließlich noch ein verfeindeter Drogendealer in die Kathedrale verschleppt und ermordet wurde, beschloss der Staat Pablos Verlegung. Grund genug für ihn zu flüchten.
Szenenwechsel, nationales Polizeimuseum im Zentrum von Bogotá. Es gibt Säle über Säle zur Geschichte der Polizei, Uniformen, Fotos, Glanztaten der kolumbianischen Polizei im Kampf gegen FARC, ELN und 20 weiteren Rebellen- und sonstigen subversiven Gruppen. Aber alle Besucher wollen doch eigentlich nur den Keller sehen: Pablos blutiges Hemd. Klar, es ist noch die gesamte Abhöreinrichtung der CIA zu sehen, mit der Pablo dann auf seiner Flucht geortet wurde. Das war gar nicht so leicht, Pablo war so misstrauisch, dass er glaubte, unter den Zahnkronen von Unterhändlern der Regierung könnte ein Peilsender versteckt sein. Als er einen Tag nach seinem 44.Geburtstag so unvorsichtig war, mit seinem Sohn zu telefonieren, wurde er gestellt und beim Sprung aus einem offenen Fenster erschossen. Wahrscheinlich genau so, wie es auf einem dieser naiven Gemälde Fernando Boteros im Museo de Antioquia zu sehen ist, Pablo durchsiebt von Kugeln des „Bloque de busceda“, der Spezialeinheit, die ihn jagte. Vielleicht aber doch nicht so: Eine Exhumierung seiner Leiche auf dem Friedhof in Itagüi Ende 2006, eine angebliche, uneheliche Tochter erzwang einen DNA-Abgleich, lies Vermutungen aufkommen, Pablo hätte sich selbst das Leben genommen. Wie dem auch sei, in der Glasvitrine liegt also sein noch blutiges Hemd und die blutige Dachziegel, auf die sein Kopf aufschlug im Todesmoment. Wenn man durch die Straßen des Stadtteils El Poblado so schlendert, wo sich das Ende dieser im Endeffekt doch jahrelangen Jagd abspielte, spürt man Ruhe, Gelassenheit, Reichtum, alles so unwirklich und gar nicht mit der Geschichte in Einklang zu bringen.
Da nimmt es also nicht Wunder, dass Medellin über Jahre als gefährlichste Stadt der Welt galt. Ein Menschenleben, oder vielmehr das Ableben eines Menschen kostete etwa 20 Euro. Für diesen Betrag konnte man sich einen Sicario anheuern, also einen Jungen aus den Slums, der mit Mofa und großkalibriger Waffe seinen Auftrag erledigte.
Ich fand es schon verrückt genug, in einem Land wie Kolumbien für mehrere Jahre einen Job anzunehmen. Aber man gewöhnt sich ja an alles, und so kam es, dass wir tatsächlich einen Familienkurzurlaub in Medellin machten.
Aber Medellin ist nicht mehr die Stadt des Pablo Escobar. Es ist inzwischen eine prosperierende und relativ reiche Stadt. Man sieht sehr viele Penner in den Straßen, das schon. Menschen, deren einziger Besitz ein Stück Pappe ist, auf der sie schlafen. Bei der Fahrt in die Stadt, in den Unterführungen der Autobahnen liegen sie auf dem Randstreifen. Im gesamten Zentrum ziehen sie herum. Oft mit einer Tüte voll Boxer in der Hand, jenem Klebstoff voller organischer Lösungsmittel, der die Sinne benebelt und diesen Menschen für einige Augenblicke ein Gefühl von Ruhe und Entspannung in ihrem Leben gibt. Am hellichten Tage stehen die Plätze nahe des bekannten Museo de Antioquia voller Prostituierter. Teilweise sehr verwelkte Frauen mit mehr Falten als Haut, aber von dieser Haut wird fast alles gezeigt. Und eine Kundschaft, die noch viel verwelkter ist.
Ganz Medellin ist gespickt mit diesen riesigen, teils unförmigen, auf jeden Fall einmalig und phantastischen Bronzeplastiken von Fernando Botero. Da gibt es diese fettsüchtige Friedenstaube, man muss kein Biomechaniker sein um zu sehen, dass die nie fliegen könnte. Höchstens "in die Luft fliegen", und genau das ist passiert. Denn Kolumbien heißt immer auch Guerillaaktivität, und die FARC, größte und wichtigste Guerillaorganisation, sprengte am belebten San Antonio Platz die Friedenstaube in die Luft, ein Schild unter den Resten listet die 23 Toten dieses sinnlosen Attentates auf. Botero hat eine Kopie der Taube direkt daneben aufstellen lassen. Und auf den Bronzefetzen sitzen kleine Kinder und tollen vergnügt herum. Nur mit dieser etwas schizophrenen Einstellung können die Kolumbianer ihre Realitäten ertragen und trotzdem eines der fröhlichsten Völker der Erde sein.
Antioquia ist frömmig, aber zutiefst. Da verwundert es auch nicht, dass die Sicarios vor ihren Aufragsmorden ihre Kugeln mit Weihwasser besprengten, um auch wirklich gut zu töten, und die Heilige Jungfrau, die „Virgen de los sicarios“, um Hilfe beim tödlichen Schuss anzubeten. Fernando Vallejo, der große kolumbianische Autor, Provokateur und Filmmacher, der in Mexiko im Exil lebt, hat diese Schizophrenie in seinem Film „Virgen de los sicarios“ dargestellt.
Wir haben das Glück, bei der Familie Vallejos eingeladen zu sein: Diese Familie sind die engagierten Tierschützer von Medellin, die tausende von Straßenkötern sterlisieren haben lassen und so dafür gesorgt haben, dass Medellin vielleicht die einzige lateinamerikanische Großstadt ohne Straßenhunde ist.
Dank dieser Einladung lernen wir nicht nur den touristischen Teil der Stadt kennen. Nach einem gemütlichen Paisa-Menü im Hause Vallejo fahren sie uns kreuz und quer durch die Stadt zu eher ungewöhnlichen Orten. Ein Viertel, das vor 15 Jahren nicht betreten werden konnte, in das sich nicht einmal mehr Polizei oder Militär traute, sieht heute eher wie eine „Zona popular“ aus, also ein Viertel der unteren Mittelschicht, die Menschen sitzen mit den Nachbarn auf der Straße, trinken gemeinsam am Samstag nachmittag, tratschen und hören laute Vallenatomusik, ich hätte keine Bedenken, hier zu Fuß unterwegs zu sein. Insgesamt sieben nagelneue Bibliotheken, moderne Zementkathedralen des Wissens wurden in solchen benachteiligten Vierteln gebaut. Die Kids können sich dort aufhalten, sogar die Internetbenutzung ist umsonst, welch genialere Vorsorge gegen ein Abrutschen Jugendlicher ins Verbrechen könnte man sich denken?
Bei der Fahrt mit der Seilbahn Metrocable über solche Viertel sieht man ärmliche Verhältnisse, aber eben keine Slums. Wild in die Gegend gebaute Häuser, aber mit Wasser- und Stromanschluss und alle Wege asphaltiert.
Und immer wieder Spuren des Kokainkartells: Die Endstation der U-Bahn in Itagüi, nicht nur dort, wo die Deutsche Schule Medellin liegt, sondern auch Pablos Grab und natürlich der Ochoa-Knast: Der alte Patron, Don Ochoa, überredete seine drei Söhne, sich 1990 der Staatsmacht zu stellen, das war deren Lebensversicherung, nirgendwo waren sie so gut geschützt wie im Knast. Denn einmal im Verbrechenszirkel, ist ein Ausstieg ansonsten fast unmöglich. Der Paramilitär Rasguño fasste das 2007 bei seinen Aussagen so zusammen: Nach Pablos Tod wollte ich aussteigen, habe mich an der Karibik niedergelassen, aber das Leben geht halt nur noch mit Leibwächtern. Und das Leben ist nicht nur gefährlich, sondern vor allem teuer: Also weitermachen oder Knast oder gewaltsamer Tod.
Die größte klassische Sehenswürdigkeit Medellins ist aber dann doch die Plaza Botero mit seinen Massen von Skulpturen Boteros, die einfach so auf dem großen Platz herumstehen, mit seinen vielen Bänken und Cafés, mit seinen wild zwischen den Palmen rumfliegenden Papageien und dem Antioquiamuseum. Direkt am Platz dann auch unser Hotel, das Nutibara, ehemals das erste Haus am Platz. Inwischen bröckelt der Putz, doch das Interieur ist immer noch so unglaublich stilvoll. Kronleuchter in der Eingangshalle, Nierensessel aus den 50er Jahren, Aufzug immer mit Liftboy. Aber klar, der alte Aufzug blieb prompt mehrfach stecken.
Das Nutibara werden wir beim nächsten Besuch allerdings nicht mehr brauchen: Die Freundlichkeiten unserer Gastfamilie gipfelt dann noch in die Einladung, bei unserem nächsten Besuch in ihrem neuen Haus zu wohnen. Diese Paisas, was für ein Völkchen.
Copyright: Dieser Artikel wurde, mit Genehmigung des Autors, dem Band „Die Heimat des Nomaden – Reiseerzählungen aus Südamerika“ von Stefan Hebele, Verlag Book-on-demand, Berlin, 2010, entnommen.
„Die gefährlichste Weltanschauung ist die von Menschen, die die Welt nicht angeschaut haben.“
Alexander von Humboldt
„Im Sommer 1992 sah sich der Präsident Kolumbiens, César Gaviria, zu einem demütigenden Eingeständnis gezwungen. Seine Nation, eine der ältesten Demokratien der Welt, war zur Geisel eines Verbrechers geworden, den sie nicht mehr besiegen konnte. Der milliardenschwere Kokainbaron Pablo Escobar war gerade aus seinem Gefängnis herausspaziert, durch Hunderte von Polizisten und Soldaten hindurch, wie ein Gespenst. Was sollte der Präsident tun?“
Mark Bowden, „Killing Pablo“
„Kolumbien eine Demokratie? Das ist doch lächerlich. Wir haben Wahlen, da kannst du dein Kreuz an einer Stelle machen. Aber Demokratie ist doch mehr. Glaubst du, ich fahre freiwillig Taxi? Ich war in der Nähe von Bucaramanga Abgeordneter einer linken Gruppe. Die Paras kamen zu mir nach Hause und haben mir ganz klar gesagt: Du haust heute noch ab oder du bist morgen tot. Deshalb geht bei uns doch kaum jemand wählen, jeder Präsidentschaftskandidat der letzten 50 Jahre, der das Land hätte verändern können, wurde ermordet.“
John Jairo, Taxifahrer in Bogotá
Alexander von Humboldt
„Im Sommer 1992 sah sich der Präsident Kolumbiens, César Gaviria, zu einem demütigenden Eingeständnis gezwungen. Seine Nation, eine der ältesten Demokratien der Welt, war zur Geisel eines Verbrechers geworden, den sie nicht mehr besiegen konnte. Der milliardenschwere Kokainbaron Pablo Escobar war gerade aus seinem Gefängnis herausspaziert, durch Hunderte von Polizisten und Soldaten hindurch, wie ein Gespenst. Was sollte der Präsident tun?“
Mark Bowden, „Killing Pablo“
„Kolumbien eine Demokratie? Das ist doch lächerlich. Wir haben Wahlen, da kannst du dein Kreuz an einer Stelle machen. Aber Demokratie ist doch mehr. Glaubst du, ich fahre freiwillig Taxi? Ich war in der Nähe von Bucaramanga Abgeordneter einer linken Gruppe. Die Paras kamen zu mir nach Hause und haben mir ganz klar gesagt: Du haust heute noch ab oder du bist morgen tot. Deshalb geht bei uns doch kaum jemand wählen, jeder Präsidentschaftskandidat der letzten 50 Jahre, der das Land hätte verändern können, wurde ermordet.“
John Jairo, Taxifahrer in Bogotá