Zur Abwechslung mal ein kleiner Kommentar zur aktuellen wirtschaftspolitischen kolumbianischen Zeitgeschichte.
Wer regelmäßig kolumbianische Zeitungen liest, dem ist sicherlich schon das Loblied auf die "Asociaciones Público Privadas" aufgefallen.
Asociacines Público Privadas (kurz: APP), d.h. "Public Private Partnerships", werden in Kolumbien in Politik und Medien als das neue Allheilmittel für das chronische Defizit im Bereich der Infrastruktur des Landes angepriesen (zum Beispiel im Hinblick auf das mangelhafte Straßennetz, fehlenden Flusstransport, nicht existierende Häfen am Pazifik, überfüllte Gefängnisse, etc.)
Bei APP geht es darum, dass ein oder mehrere Privatunternehmen eine bestimmte Infrastrukturmaßnahme aus eigener Tasche bezahlen, zum Beispiel den Bau eines Gefängnisses. Nach Abschluss der Bauarbeiten ist der Staat grundsätzlich verpflichtet, für die Benutzung der neuen Infrastruktur eine "Miete" an den privaten Investor zu entrichten, meist über mehrere Jahrzente.
Im Falle der durch APP gebauten Autobahnen sind es die Autofahrer, d.h. die Bürger, die die Investition des privaten Investors über Jahrzente rentabel werden lassen.
Mir ist aufgefallen, dass in den kolumbianischen Medien eine völlig kritiklose Haltung gegenüber APP besteht.
Hier beispielhaft ein überschwänglicher Artikel aus der Tageszeitung "El Tiempo": Colombia, entre los países con mejor clima para las APP:
--> eltiempo.com/economia/sectores/asociaciones-publico-privadas/15566675
In meinem neuen Artikel, der vor wenigen Tagen in "La República" erschienen ist, habe ich versucht, auf die mit APP verbundenen Gefahren aufmerksam zu machen:
--> larepublica.co/las-app-panacea-con-efectos-secundarios_250361
In dem Artikel habe ich drei europäische "Skandalprojekte" beispielhaft genannt (Hamburger Elbphilharmonietheater, JVA Waldeck in Mecklenburg Vorpommern und Pariser Justizpalast), die daran zweifeln lassen, ob APP wirklich das Wundermittel für die fortschreitende Industrialisierung Kolumbiens sind, gerade in Anbetracht der ausufernden Korruption in diesem Teil der Welt.
Denn APP sorgen in erster Linie für eines: Verschiebung von Kosten auf die Schultern zukünftiger Generationen, die innerhalb von Jahrzenten die Investitionen der Privatwirtschaft abbezahlen sollen.
APP bescheren der Politik einen kurzfristigen Infrastruktursegen ohne die Ausgabe öffentlicher Gelder. Der Privatwirtschaft (vor allem multinationalen Konzernen) werden jahrzehntelange, hohe Einnahmen garantiert. Von der APP-Lobby (Beraterfirmen, Banken, etc.) ist natürlich keine Kritik zu erwarten.
APP sind zwar nicht von grundauf schlecht. Alles hängt davon ab, ob der APP-Vertrag im Einzelfall das öffentliche Interesse wahrt und ob er auf transparentem Wege zustande gekommen ist.
Als Kenner des kolumbianischen öffentlichen Auftragsvergabewesens habe ich meine Zweifel daran, ob die APP dem Gemeinwesen zugute kommen werden.
Ich gehe davon aus, der erste große APP-Skandal wird Kolumbien in den nächsten Jahren einholen.
Dazu werde ich dann wieder einen Artikel schreiben.
Asociaciones Público Privadas
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