Seit den 1990er Jahren klassifiziert das Estratos-System Haushalte in sechs Kategorien, die auf ihrem sozioökonomischen Status basieren. Ursprünglich wurde dieses Modell eingeführt, um die Tarife für öffentliche Dienstleistungen wie Wasser, Strom und Gas festzulegen sowie die Vergabe von staatlichen Subventionen zu steuern. Allerdings hat sich im Laufe der Jahre gezeigt, dass das System gravierende Mängel aufweist. So erhalten manche Haushalte in höheren Estratos trotz niedriger Einkommen keine staatliche Unterstützung, während andere in niedrigeren Estratos Subventionen beziehen, obwohl sie diese eigentlich nicht benötigen. Diese Ungerechtigkeiten haben zu einer ineffizienten Verteilung von Ressourcen geführt und soziale Ungleichheiten verstärkt.
Das RUI-System soll diese Probleme lösen, indem es die Vergabe von Subventionen und die Tarife für öffentliche Dienstleistungen auf der Grundlage der tatsächlichen Einkommensverhältnisse der Haushalte neu regelt. Dabei stützt sich das System auf administrative Datenquellen wie Steuererklärungen und Sozialversicherungsbeiträge sowie auf Selbstauskünfte der Haushalte. Sollten keine genauen Einkommensdaten vorliegen, wird das Einkommen mithilfe eines Index geschätzt, der verschiedene sozioökonomische Faktoren berücksichtigt.
Durch das RUI-System sollen Subventionen gezielter an Haushalte mit niedrigem Einkommen vergeben werden – unabhängig davon, welcher Estrato sie bisher zugeordnet waren. Dies soll sicherstellen, dass staatliche Unterstützung dort ankommt, wo sie am dringendsten benötigt wird, und gleichzeitig Missbrauch und Fehlverteilung verhindern.
Die Umstellung auf das RUI-System ist ein komplexer Prozess, der sorgfältige Planung und Koordination erfordert. Eine der größten Herausforderungen besteht darin, sicherzustellen, dass alle Haushalte korrekt erfasst und klassifiziert werden. Dazu müssen die vorhandenen Datenbanken aktualisiert und miteinander verknüpft werden. Gleichzeitig ist es entscheidend, die Bevölkerung umfassend über die Neuerungen zu informieren, um Akzeptanz und Transparenz zu gewährleisten. Die Regierung plant daher eine breit angelegte Informationskampagne, um die Bürgerinnen und Bürger über die Vorteile des neuen Systems aufzuklären und die Umstellung möglichst reibungslos zu gestalten.
Die Abschaffung der Estratos und die Einführung des RUI-Systems markieren einen wichtigen Meilenstein in der Reform des kolumbianischen Sozialsystems. Ziel ist es, die Verteilung von Subventionen und öffentlichen Dienstleistungen gerechter, effizienter und transparenter zu gestalten. Bis 2026 soll der Übergang abgeschlossen sein. Sollte die Reform erfolgreich umgesetzt werden, könnte sie einen erheblichen Beitrag zur Verringerung der sozialen Ungleichheit in Kolumbien leisten und die Lebensbedingungen vieler Menschen verbessern.
Diese Reform zeigt, dass die kolumbianische Regierung bereit ist, langjährige Strukturen zu hinterfragen und innovative Lösungen zu entwickeln, um soziale Gerechtigkeit zu fördern. Die kommenden Jahre werden entscheidend sein, um zu beurteilen, ob das RUI-System seine Ziele erreichen und die Erwartungen der Bevölkerung erfüllen kann.