SAN AGUSTIN - eine Reise in eine vergessene Zeit

Unbeschreiblich schöne Reisen. Hier teilt Euch Renato seine Erfahrungen mit. Absolut Lesenswert!
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Renato
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SAN AGUSTIN - eine Reise in eine vergessene Zeit

Beitrag von Renato »

SAN AGUSTIN - eine Reise in eine vergessene Zeit

Ganz im Süden der Huila Provinz, da liegt San Agustin. Ein kleines, an und für sich unspektakuläres Dorf, welches tief in den grünen Hängen der Anden liegt. Genau hierher führt uns unsere nächste Reise. In ca. 10 Stunden erreichen wir dieses Dorf von Bogota aus. Die Fahrt führt uns hinunter ins Tal des Rio Magdalena. Danach alles dem majestätischen Magdalena Fluss entlang. Neiva ist der heißeste Ort auf der Route, danach beginnt der Bus wieder zu steigen, bis nach Altamira und Garzon. Schlussendlich beginnt der Aufstieg nach San Agustin von Pitalito aus. Die Knochen schmerzen, 10 Stunden lang in einem Bus ohne größeren Unterbruch. Wir sind wohlauf in San Agustin angekommen. Der letzte Teil dieser Fahrt führt durch Schluchten, wild und mythisch. Überall Kreuze, welche auf Unfälle hinweisen. Je länger die Fahrt dauerte, desto wilder wurde die Landschaft. Wir schaetzen uns glücklich, heil angekommen zu sein.

San Agustin wird von einer Hauptstrasse durchzogen. Genau hier steigen wir dann auch aus. Eine übliche, eher gesichtslose Kleinstadt, viele Leute auf den Straßen. Eine stattliche Anzahl von Motorrädern. Dazu Hektik, Busse und Autos, welche sich Ihren Weg durch die engen Straßen und Gassen bahnen. Wir haben Hunger und möchten uns verpflegen, doch kulinarisch scheint hier wenig los zu sein. Nur Hühnchengrills mit neonfarbener Reklame. Dazu Bäckereien mit übergroßen, verzuckerten Torten. Aber sonst nichts. Wir nehmen uns also ein Taxi, welches uns etwas aus San Agustin hinaus bringt. Wir verbringen einige Tage auf einer herrlichen Hacienda. Ein farbenfroher Garten, große, geräumig Zimmer. Der typische Baustil der kolonialen Haciendas, wie er von Spanien nach Kolumbien gelangt ist. Ca. 10 Minuten per Taxi außerhalb des Dorfes ist die Hacienda gelegen. Es wird schon dunkel. Am Abend kühlt es hier ab.

Die Häuser sehen alle gleich aus. Weiße Fassaden mit grünen Fenstern und Eingängen. Schmucklos und einfach, aber nicht heruntergekommen.

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San Agustin hat eines der regenreichsten Klimas von Kolumbien. Das Dorf liegt unterhalb des "Macizo Colombiano". Dem Wasserspeicher des Landes. Hoch oben auf über 4000 Höhenmetern entstehen die größten Flüsse des Landes: Der Rio Magdalena, der Rio Cauca (welcher später in den Rio Magdalena fließt) und der Rio Caqueta, welcher später in Brasilien in den Amazonas mündet. Diese Gegend dort oben ist praktisch immer bewölkt und regnerisch, die grauen Regenwolken ziehen oft Richtung Tiefland und entleeren sich in der Region um San Agustin. Alles hier ist feucht. Dies bedingt aber einen sehr fruchtbaren Boden. Ob Zuckerrohr, Kaffee und noch viele weitere Pflanzen. In dieser Region gedeiht alles prächtig. Der organische Kaffee aus der Region gehört zu den besten Kaffeesorten des Landes. Er hat schon etliche Preise eingefahren. Der weitere geographische Höhepunkt ist die Abspaltung der Hauptkordillere der Anden in die 3 Kordilleren welche Kolumbien
nachher durchziehen. Die östliche und mittlere Kordillere werden vom Rio Magdalena durchtrennt. Die mittlere und westliche Kordillere werden vom Rio Cauca gespalten. Die Anden laufen dann entweder aus oder führen weiter bis nach Venezuela.

Am nächsten Morgen weckt uns der Hahn bereits um 6:30. Es geht hier sehr ländlich zu und her, sehr ruhsam und gemütlich. Bauern treiben Ihre Kühe auf die Wiese, immer und immer wieder hören wir die Hühner schnattern. Ab und zu wird die Idylle durch ein vorbei fahrendes Motorrad gestört. Nach und nach verziehen sich die Wolken und ermöglichen uns einen Blick auf diese sensationelle, weiten Schluchten und grünen Landschaften. Überall ist alles verwachsen. Eine grosse Vielfalt an Fauna.

Nach dem Frühstück besuchen wir zuerst das Dorf. Die Menschen sind klein und sehen indigen aus. Eher dunkel. Zurückhaltend, nicht so laut und fröhlich wie die Menschen an der Küste. Das Dorf hat nicht viel zu bieten. Ein Park mit ein Paar Nachbildungen der berühmten San Agustin Skulpturen, dazu viele, viele Läden, die billige Kleider oder sonstigen Ramsch anbieten. Der einzige Laden wo wir stehen bleiben ist der, von Don Pedro Hernandez. Ein alter, gebrechlicher Mann, der Tag für Tag in seinem Hut-Laden steht. Er verkauft die typischen Hüte, die Sombreros, welche die Bauern hier tragen. Er verfügt über ein gigantisches Sortiment von fast 200 Hüten. Von billig (30,000 Pesos) bis hin zu Edel-Anfertigungen, die über 300,000 Pesos teuer sind. Don Pedro Hernandez und sein Laden sind aus San Agustin nicht mehr weg zu denken.

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Am späten Morgen brechen wir dann auf Richtung archäologischem Park von San Agustin. Von der Unesco zum Weltkulturerbe erkoren. Etwas außerhalb des Dorfes liegt der Eingang. Wir betreten den Park mit einem erfahrenen, ortskundigen Führer, der uns über die nächsten Stunden viel von der mystischen San Agustin Hochkultur erzählt. Der Park ist sehr gross, es hat einige Gräber, wo offenbar wichtige Stützen der damaligen Gesellschaft begraben wurden. Schamanen zum Beispiel. Die bekannten Skulpturen wurden ungefähr dort gefunden, die meisten aber unterhalb der Erde. Es waren die Grabwächter, welche für die Ruhe der Toten sorgen sollten. Tausende von Jahren liegt dieser Begräbniskult zurück. Nach wie vor sind unzählige Fragen offen. Deutsche Forscher wie Konrad Theodor Preuss waren hier und haben Nachforschungen angestellt. Rätsel gibt es aber noch nach wie vor. Einige Steine sehen furchterregend aus. Mit spitzen Zähnen, ein Kult an den Jaguar. Ein Tier, welches heilig war für die San Agustin Kultur und immer und immer wieder dargestellt wird. Seltsam nur, dass der Jaguar in wärmeren Regionen lebte, und wohl kaum hier oben in San Agustin. Dies lässt die Vermutung aufkommen, dass die damaligen Bewohner Zuwanderer waren. Und zwar aus dem Amazonas Gebiet. Über Jahrtausende hinweg hat sich diese höchst interessentante Hochkultur entwickelt. Die Werke, die Skultpuren sind teilweise sensationell. Mit Schlangen, welche hinter den reisserischen Jaguar Zähnen hervor schauen. Mit unzähligen Details, welche eine geheimnisvolle Bedeutung in sich verbergen.

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Gewisse Pflanzen spenden Farben. Wenn man ein Blatt zerreibt, entsteht ein Brei, der rot abfärbt. Diese Farben dienten für deren spirituelle Bräuche, an Zeremonien wurden die Gesichter rot und schwarz angemalt. Rot steht für das Leben, schwarz für den Tod. Koka wurde gekaut um in Trance zu gelangen. Ayahuasco wurde konsumiert um auf eine spirituelle Reise zu gehen.

Wir sehen uns Dutzende von Skulpturen an. Einige sind fast perfekt erhalten, anderen wurden von Grabräubern in zwei gebrochen, im innern der Steinplatten wurde Gold vermutet. Die Tour endet beim Museum. Hier machen wir im Garten einen grünen Leguan aus, welcher auf den Ästen versteckt ist. Dazu eine Schildkröte, diese wurde kurzerhand "Democracia" getauft. Demokratie, auf Grund Ihrer langsamen Forstbewegungsart. Fast so langsam wie die Demokratie selbst. Wir schmunzeln.

Da das Dorf selbst praktisch kein gutes Restaurant hat, kehren wir bei "Donde Richard" ein. Ein Traum für alle Fleischliebhaber, ein riesiges Steak wird uns serviert. Eine Fleischqualität, wie man sie nur selten aufgetischt bekommt. Wir schlagen uns die Bäuche voll. Ein Besuch bei "Donde Richard" ist für jeden San Agustin Besucher ein Muss. Der gute Richard steht seit bald 20 Jahren Tag für Tag immer selbst hinter dem Grill. Das Restaurant liegt an der Strasse vom Dorf zum Park. Ein jeder Taxifahrer kennt es.

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Den Abend lassen wir bei einer guten Flasche Rotwein ausklingen. Weit weg vom Lärm des Dorfes, wieder auf unserer beschaulicher Finca.

Am nächsten Tag unternehmen wir einen Pferdeausritt. Schöne, stattliche Pferde werden für uns gesattelt. Die Pferde sehen gut gepflegt aus, stolz traben sie daher. Je weiter man weg von Dorf kommt,desto ruhiger wird es. Nur noch vereinzelte, halbfertige Häuser. Ab und zu das Rauschen eines Radios. Mehr gibt es hier nicht. Wir verlassen die Strasse und erreichen via einen sumpfigen Weg eine Finca namens La Chaquira. Ein Schweizer hat sich hier niedergelassen und verkauft Getränke. Wir lassen die Pferde stehen und hinab geht es. Tief in die Schlucht, welche von einem nur ein paar Meter breiten Magdalena Fluss durchquert wird. Auf der anderen Seite befindet sich die mittlere Kordillere, wir stehen auf der Östlichen. Alte Schmugglerpfade lassen sich ausmachen. In Märschen, welche mehrere Tage dauerten wurde Popayan erreicht. Für mich einer der schönsten Plätze Kolumbiens. La Chaquira bei San Agustin. Natur pur, Ruhe pur. Weit verstreut sieht man die Fincas in den Hängen, hie und da wieder Kaffeeplantagen. Hie und da ein alter Mann auf einem Pferd. Sensationell denke ich mir. Diese Ruhe, diese intakte Natur. Ein Paradies für Aussteiger.

Am Nachmittag fahren wir per Jeep nach Obanda. Ein noch viel kleineres Dorf weiter oben in den Hängen. Wir kehren im Restaurant "Obanda Cuy" ein. Cuy ist eine Art Meerschweinchen welche im südlichen Kolumbien, in Ecuador und Peru als Delikatesse verspeist werden. Mir selbst schmeckt es aber nicht, sehr fettig das ganze. Dazu spiele wir Tejo, das kolumbianische Nationalspiel und trinken einige Poker Bier. Dies gehört zum Spiel. Hier oben ist alles noch viel ruhiger. Ab und zu 2 bis 3 Soldaten, welche patrouillieren. Ansonsten Frieden pur.

Die nächsten 2 Tage verbringen wir noch in San Agustin und Umgebung. Bevor es wieder zurück nach Bogota geht.

Fazit: San Agustin ist ein relativ bekanntes Reiseziel für Rucksackreisende. Es gibt auch viele Europäer, welche sich hier niedergelassen haben. Sie führen Hostals, Fincas, Restaurants etc. Die Gegend hat auf Grund Ihrer Ruhe etwas ganz besonderes. Das Dorf San Agustin ist aber noch nicht weit entwickelt. Es gibt noch kaum gute Restaurants, Hotels etc. Doch evt. zeichnet das ja San Agustin aus. Es hat die Eigenständigkeit bewahrt. Trotz Tourismus hat sich kaum etwas verändert. Für mich ein Höhepunkt Kolumbiens. Einige Tage in der idyllischen, ruhigen Umgebung von San Agustin zu verbringen.

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Unbedingt machen: Bei DONDE RICHARD essen. Eines meiner Lieblingsrestaurants in ganz Kolumbien. Dazu ein Reitausflug zu La Chaquira. Eine herrliche Aussicht.

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